Pränatalmedizin

Die Pränatalmedizin umfasst alle vorgeburtlichen Untersuchungen und mögliche Therapien am Fetus und der werdenden Mutter während der Schwangerschaft. Hierzu zählen Untersuchungen zum normalen Verlauf der Schwangerschaft (z. B. endokrinologische und serologische Untersuchungen, Ersttrimestertest (ETT), Ultraschall), aber auch Analysen, die (genetische) Erkrankungen oder Entwicklungsstörungen des Ungeborenen erkennen. In der modernen Pränatalmedizin können etwaige genetisch bedingte Erkrankungen des Fetus nicht-invasiv und invasiv untersucht werden. Im ungünstigen Fall einer Fehlgeburt (Abort) besteht die Möglichkeit, fetales Material auf allfällige genetische Auffälligkeiten hin zu untersuchen.

Nicht-Invasive Pränataltests umfassen alle diagnostischen Untersuchungen, die nicht in den Körper der Schwangeren oder des Fetus eingreifen. Dazu zählen standardmässig die Ultraschalluntersuchungen im 1. und 2. Trimester (z. B. Nackentransparenzmessung, Organscreening) und biochemische Tests am Blut der Mutter (z. B. Ersttrimestertest). Aber auch die Bestimmung des Rhesus D-Status des Kindes kann anhand von mütterlichem Blut durchgeführt werden und eine allfällig notwendige Prophylaxe verabreicht werden. Bei einem auffälligen Ergebnis im Ersttrimestertest oder auf Wunsch der Mutter kann mittels NIPT die fetale DNA aus mütterlichem Blut auf das Vorliegen von Chromosomenstörungen untersucht werden. Dieser Screening-Test kann bereits im ersten Drittel der Schwangerschaft eine sehr zuverlässige Voraussage über das Vorliegen von Trisomien, Monosomien sowie grösseren Deletionen und Duplikationen beim Ungeborenen liefern.

Der NIPT informiert über die Wahrscheinlichkeit für:

  • Trisomien 21, 18 und 13
  • Störungen der Geschlechtschromosomen (Turner-, Klinefelter-, Jacobs-, Triple-X-Syndrom)
  • Trisomien und Monosomien der Chromosomen 1 bis 22
  • grössere Deletionen und Duplikationen (≥7 Mb) in den Chromosomen 1 bis 22

Dieses Screening mittels «whole genome sequencing» kann ab der 10. Schwangerschaftswoche (≥9+0) durchgeführt werden und ist sowohl nach Eizell- / Samenspende und bei blutsverwandten Eltern als auch bei Zwillingsschwangerschaften (ohne Anomalien der Geschlechtschromosomen) möglich.

Ausserdem ist die Bestimmung des Geschlechts (eingeschränkte Aussage bei Zwillingsschwangerschaften) möglich. Gemäss Gesetz (GUMG Art. 17) darf das Geschlecht des Kindes erst nach Ablauf der 12. Schwangerschaftswoche durch die Ärztin / den Arzt mitgeteilt werden.

Im Gegensatz zur nicht-invasiven umfasst die invasive Pränataldiagnostik (genetische) Untersuchungen, die direkt an fetalem Zellmaterial durchgeführt werden. Für die Gewinnung dieses Materials ist ein invasiver Eingriff durch einen Spezialisten erforderlich und die Entnahme beinhaltet ein gewisses Risiko für die Schwangerschaft. Ein invasiver Pränataltest ist sinnvoll bei Ultraschallauffälligkeiten, familiär bekannter genetischer Störung oder ETT mit auffälligem Ergebnis.

Das fetale Material kann dabei je nach Schwangerschaftswoche und Fragestellung wie folgt gewonnen werden:

Chorionzottenbiopsie

  • Ab Schwangerschaftswoche 11 + 0
  • Entnahme von kleinen Gewebsstücken der Plazenta durch mütterliche Bauchdecke

Amniozentese

  • Ab Schwangerschaftswoche 15 + 0
  • Entnahme von Fruchtwasser aus der Fruchtblase durch mütterliche Bauchdecke
  • Sehr zuverlässiges Resultat durch direkte Untersuchung von fetalen Zellen

Untersuchungen des fetalen Materials können die klassischen Trisomien und Monosomien sowie grössere Ungleichgewichte aller Chromosomen nachweisen. Ergänzende molekulargenetische Analysen erfassen auch kleinere Veränderungen in der Chromosomenstruktur, sogenannte Mikrodeletionen oder -duplikationen und Translokationen.

Beide Untersuchungen sind bei erhöhtem Risiko für Trisomie(n) oder andere genetische Erkrankungen kassenpflichtig.

Eine Fehlgeburt, auch Spontanabort, ist der ungewollte Verlust einer Schwangerschaft vor der 20. Schwangerschaftswoche. Spontanaborte sind in der Bevölkerung weit verbreitet. Man nimmt an, dass 10 – 20 % aller entstandenen Schwangerschaften in einer Fehlgeburt enden.

Oft tritt ein Abort im ersten Schwangerschaftsdrittel auf, mitunter so früh in der Schwangerschaft, dass die Frau den Schwangerschaftsabgang als verspätete Menstruationsblutung wahrnimmt. Bei wiederholt auftretenden Fehlgeburten ist eine Untersuchung der Ursache empfohlen.

Zytogenetische Studien zeigten, dass in mehr als 50 % der Spontanaborte Chromosomenstörungen die Ursache für den Verlust der Schwangerschaft sind. In der Mehrzahl der Fälle finden sich numerische Aberrationen (autosomale Trisomien, Monosomie X, Triploidien), seltener liegen strukturelle Chromosomenveränderungen (z. B. unbalancierte Translokationen) vor.

Auch mikroskopisch nicht sichtbare Deletionen und Duplikationen können zum Absterben des Fetus führen.